Frau Boss, das Weihnachtssingen hatte diesen Winter 20jähriges Jubiläum. Wie waren die Anfänge?
Die ersten Jahre organisierte das Weihnachtssingen ein Herr Meier, der Sekundarlehrer an der Schule war. Die Schüler sangen draussen vor der Turnhalle unter dem Dach. Einmal schneite es so fest, dass die Schüler und vor allem der Dirigent eingeschneit wurden. Darauf hat man das Weihnachtssingen ins Treppenhaus auf der Ostseite verlegt. Das war akustisch nicht optimal. Schliesslich ergab sich das Angebot, das Konzert in der reformierten Kirche neben der Schule zu veranstalten. In diesem schönen Rahmen sind wir seither.
Ist das Konzert schon einmal ausgefallen?
Nein, das gab es nicht. Zur Zeit der Schweinegrippe 2009 stand es mal zur Diskussion, weil es vom Schulärztlichen Dienst eine Weisung gab, dass in den Schulen keine Grossanlässe stattfinden durften. Schliesslich gab es Entwarnung und wir haben das Konzert gemacht, und (lacht) jeder hat überlebt.
Wie entsteht das Programm? Wer entscheidet, was gesungen wird und wer spielen darf?
Die pädagogischen Teams jeder Stufe wählen zwei bis drei Lieder aus, welche dann jede Klasse mit ihrer Klassenlehrperson einstudiert. Dann gibt es drei Lieder, die traditionell immer von allen gesungen werden. Das sind „Stille Nacht“, „Oh, Du Fröhliche“ und das „Gloria“. Um das Zwischenprogramm, das sind die Solisten, kümmere ich mich. Ich mache in allen Klassen eine Umfrage, wer etwas vortragen möchte. Die interessierten Schülerinnen und Schüler können sich in eine Liste eintragen und kommen dann zu einem Vorspiel. Wir haben bisher geschaut, dass alle dran kommen, und sagen auch, wo und was man noch üben soll. Aber wenn es zu viele Beiträge sind, muss man eine Auswahl machen, auch einfach damit das Programm nicht zu lang wird.
Wir haben jetzt auch ein Gruppe gebildet, die sich Gedanken macht, wie man das Weihnachtssingen künftig organisiert, damit es nicht nur Solobeiträge gibt, denn es sind immer mehr die auftreten möchten – auch Musikschulen und natürlich die Eltern haben Interesse daran, dass ihre Schüler/Kinder auftreten. Vielleicht wird es mehr Klassen- und Gruppenbeiträge geben. Wir überlegen auch, wie man die Oberstufenschüler besser einbinden kann. Eine Idee war auch, ob es Beiträge von Lehrern gibt. Noch sind nicht alle begeistert (lacht), aber das fände ich auch eine tolle Sache, wenn Lehrer vielleicht zusammen mit den Schülern auftreten würden.
Was fällt bei der Organisation des Konzerts noch an?
Für die Kirche brauchen wir jedes Mal eine Bewilligung, die wir aber gerne bekommen. Die Kirche übernimmt freundlicherweise auch die Kosten – eigentlich ist es nicht gratis, wenn man eine Kirche mietet. Dann muss der Raum vorbereitet werden (z.B. mit der Bestuhlung), und danach wieder aufgeräumt – das macht der Siegrist. Ich habe die Möglichkeit das zu organisieren, weil ich in der Kirchgemeinde gut vernetzt bin.
Auch die Organistin wird uns von der Kirchgemeinde zur Verfügung gestellt. Vorletztes Mal konnte die Organistin Frau Philipp uns z.B. wegen einer Schulterverletzung nicht begleiten. Dann haben wir einen Ersatz gefunden. Der ist allerdings kurz vor dem Konzert ebenfalls wegen Krankheit ausgefallen. Und wenn man dann wenige Tage vor dem Konzert die Ersatzorganistin für die Ersatzorganistin suchen muss, dann kann man schon einmal ins Schwitzen kommen.
Was macht Ihnen besonders Freude bei der Organisation?
Die Begeisterung der Kinder! Die Begeisterung der Kinder ist toll. Die Kinder, vor allem in der Primar- und Unterstufe, freuen sich schon immer im Vorfeld auf das Konzert und sind bei der Sache. Und ich bin jedes Mal erstaunt, wie geduldig sie bei der Probe sind, die ja fast den ganzen Vormittag geht und auch am Konzert. Bei ihnen spürt man die Riesenfreude.
Gab es schon einmal einen Schulchor oder ein Schulorchester?
Ja es gab mal eine kurze Zeit einen Schulchor für die Unterstufe. Der hat auch am Weihnachtssingen gesungen. Einmal hat auch eine Schlagzeuggruppe der Musikschule am Weihnachtssingen mitgemacht. 2006 hat Rahel Tarelli, eine ehemalige Schülerin und bekannte Künstlerin, mit einer Gruppe von Sekundarschülern einige Gospellieder einstudiert. – Also ich würde es schön finden, wenn es bei uns in der Waidhalde einen Schülerchor geben würde. Aber man müsste sehen, wie man das organisiert. Die Stundenpläne sind ja schon voll, und die Budgets werden eher kleiner als grösser.
Gab es zu Ihrer Schulzeit auch schon ein Weihnachtssingen?
Nein, bei uns gab es noch den Schulsilvester.
Das ist ein uralter Zürcher Brauch, um den letzten Schultag im Jahr bzw. den Beginn der Weihnachtsferien zu feiern. Wir sind die Lehrer wecken gegangen. Mit Pfannendeckeln sind wir an seine Haustüre und haben gesungen und gelärmt. Danach feierte man in den Klassenzimmern, die man noch dekorierte, oder beim Lehrer zu Hause bei einem „z’Morge“. Lange Zeit, bis in die 70iger Jahre, wurden besonders laute und fröhlich Ständchen z.B. auch von Anwohnern mit Süssigkeiten oder von Bäckereien mit einem Weggli „belohnt“. Das Schulsilvester wurde in der Stadt Zürich 2004 abgeschafft, weil es leider immer mehr ausgeartet ist, und Autos und Briefkästen beschädigt wurden.
Gibt es eine Anekdote vom Weihnachtssingen?
Ein Schüler sollte einmal ein Posaunenstück mit anderen Instrumenten zusammen spielen. Erst am Abend vor dem Konzert hat man gemerkt, dass die Stimmen nicht zusammengepasst haben und es total falsch tönte. Da musste dann noch ganz schnell in einer Blitzaktion der Musiklehrer aufgeboten und die Posaunenstimme umgeschrieben werden. Mit dem gemeinsamen Auftritt hat es dann noch geklappt.
Wie sind Sie zur Musik gekommen?
Ich wollte vom ersten Schultag an Lehrerin werden. Damals waren nur zwei Instrumente zugelassen, Klavier und Geige. Für Klavier hatten die Eltern in der Wohnung keinen Platz, also wurde es die Geige. Musik ist seither mein grosses Hobby und liegt mir am Herzen. Wenn ich pensioniert bin, will ich wieder mehr Geige spielen, oder noch ein neues Instrument lernen.
Frau Boss, vielen Dank für das Gespräch.