Frau Müller, Frau Müller, Siiieeee Frau Müüüüüüüülllleeeer, – so tönte es jeden Dienstag Nachmittag im vergangenen halben Jahr oberhalb der Waidburg im Schülergarten unserer Schule und der Schule Nordstrasse.
An bester Lage und im eigenen Beet konnten die Kinder der ersten und zweiten Klasse von März bis Oktober Gemüse und Blumen anpflanzen und die reiche Ernte regelmässig mit nach Hause bringen.
Während das eine Kind dabei seine Vorliebe für Zitronenmelisse entdeckte – „aus der kann man zu Hause köstlichen Tee machen“, schnabulierte das andere den feinen Kohlrabi oder das Rüebli direkt an seinem Beet, und die bunten Blumensträusse waren eine Freude für die ganze Familie.
Doch wer ernten will, der muss auch sähen. Bereits im März haben die Kinder begonnen die Erde ihrer Beete aufzulockern, das lästige Unkraut zu jäten, zu düngen, zu säen und Setzlinge in passenden Abständen in die Erde zu stecken. Die Kinder und Eltern staunten nicht schlecht, was auf 7 qm Erde alles wächst: Zucchini, Kartoffeln, Randen, Kresse, Zwiebeln, Blumen, Schnittlauch, Salat, Kohlrabi, Tomaten, Karotten, Sonnenblumen usw.
Gegärtnert wurde nach den Massstäben des biologischen Gartenbaus unter der Anleitung von Yvonne Müller. Schön sei es, sagt sie, den Kindern beim Schaffen im Grünen zu helfen und ihre Freude zu sehen. Yvonne Müller muss es wissen, denn für die Schülergärten der Stadt war sie insgesamt 11 Jahre tätig, 3 Jahre für „unseren“ Garten oberhalb der Waid. Es braucht eine grosse Portion Idealismus für diese Aufgabe, die – halb ehrenamtlich ausgeführt- bedeutet, dass man das ganze Halbjahr für den Garten verantwortlich ist und ihn pflegt – auch an den Wochenenden und in den Ferien.
Im Frühsommer wurde es dann etwas ruhiger. Zu Hause kamen Salate und frische Kresse auf den Tisch. Nur das lästige Jäten schien offensichtlich nie aufzuhören.
Lustig war der Sommer. Wenn neben der Gartenarbeit, beim Giessen mit dem Wasser gespritzt, gemütliche Z’vieripausen im Schatten gemacht, und zur Abkühlung schon mal der Sonnenhut ins Wasser getaucht wurde. Nur Aragon, der Golden Retriever von Yvonne Müller, den die Kinder ins Herz geschlossen hatten, und der auf Kinder mit Angst vor Hunden geradezu therapeutische Wirkung hatte, schien völlig unbeeindruckt von dem bunten Treiben und lag erhaben dösend in der Wiese.
Nach den Sommerferien wetteiferten die Kinder, wer mehr Kartoffeln aus dem eigenen Beetli ausgraben konnte und wessen Zucchini grösser war. Bis schliesslich zu den Herbstferien hin, die Beete abgeerntet und der letzte Blumenstrauss gepflückt waren, und Yvonne Müller beim Abschlussfestli für jedes Kind noch ein kleines Geschenk dabei hatte.
In Zürich gibt es die Schülergärten seit über 100 Jahren.
1911 unternahm eine Kommission unter der Leitung von Pfarrer Gottfried Bosshard erste Schritte, was zur Gründung der Gesellschaft für Schülergärten Zürich (GSG) führte. Ihr Zweck war es gemäss der ersten Satzung von 1913:
„mit Hilfe der Gartenarbeit Knaben und Mädchen der mittleren Schulstufen erzieherisch zu beeinflussen, vor den Gefahren des Gassenlebens und anderen schädlichen Einflüssen zu bewahren, ihre körperliche Entwicklung zu fördern, ihre Freude an der Arbeit und Liebe zum Boden der Heimat zu wecken.“
Heute liest sich das moderner, wobei im Kern der Zweck derselbe geblieben ist, nämlich den
“Kindern (Buben und Mädchen der Unterstufe) durch naturnahes Gärtnern Verständnis für die Natur zu wecken und Freude an ihr zu haben. Indem sie am Ende des Sommers die Früchte ihrer Arbeit nach Hause tragen können, erleben sie, welche Genugtuung Einsatz und sinnvolles Arbeiten bringen können.”
Während früher in den Ferien täglich noch zwei Stunden und während der Schulzeit an zwei Wochenabenden 1½ – 2h gearbeitet wurden, ist die der Einsatz heute mit 1 bis 1½h pro Woche recht moderat.
Spielerisch war dieser Spaziergang durch das phänologische Gartenhalbjahr für die Kinder der Waidhalde und der Nordstrasse. Und das Erlernte hallte nach, wenn z.B. die eine Mutter nach einer Schülergartenstunde gleich einschlägige Tipps für den heimischen Garten bekam, oder eine andere Familie schon bald ein Hochbeet bestellte, um selbst zu Hause weiterzugärtnern.
Kommenden März geht es dann wieder los oberhalb der Waidburg. Man darf gespannt sein, wie die Ernte 2016 ausfällt.
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Weitere Informationen zu den Schülergärten unter www.schuelergaertengsgzh.ch
Anmeldung für das Jahr 2016 erfolgt bis zu den Sportferien. Infos dazu gibt es ab dann in der Schule.